Diese Zeilen wurden in einem schottischen Altersheim nach dem Tode einer Pensionärin gefunden

Was seht ihr Schwestern, denkt ihr, wenn ihr mich anschaut?
Eine mürrische alte Frau, nicht besonders schnell, verunsichert in ihren Gewohnheiten, mit abweisendem Blick, die ständig beim Essen kleckert, die nicht antwortet, wenn ihr sie anmeckert, die nicht so aussieht als würde sie merken was ihr macht und ständig den Stock fallen lässt und nicht sieht wo sie geht, die willenlos alles mit sich machen lässt, füttern, waschen und alles was dazugehört. Denkt ihr denn so von mir Schwestern, wenn ihr mich seht, sagt? Öffnet die Augen Schwestern schaut mich genauer an, soll ich euch erzählen wer ich bin? Die hier so still sitzt, die macht was ihr möchtet und isst und trinkt wann es euch passt.
Ich bin ein 10-jähriges Kind mit einem Vater und einer Mutter die mich lieben. Ein 16-jähriges Mädchen, schlank und hübsch die davon träumt bald einem Mann zu begegnen. Eine Braut fast 20, mit 25 habe ich eigene Kleine die mich brauchen. Eine Frau mit 30, meine Kinder wachsen schnell. Mit 40 sind sie erwachsen und ziehen aus, mein Mann ist noch da und die Freude nicht zu Ende. Mit 50 kommen die Enkel. Dunkle tage kommen über mich, mein Mann ist tot, ich gehe in eine Zukunft voller Einsamkeit und Not. Die meinen haben mit sich selbst genug zu tun, aber die Erinnerung an Jahren und die Liebe bleiben mein. Die Natur ist grausam wenn man alt und krumm ist und man wirkt etwas verrückt! Nun bin ich eine alte Frau die ihre Kräfte dahinsiechen sieht und der Charme verschwindet, aber in diesem alten Körper wohnt immer noch ein junges Mädchen. Ich erinnere mich an meine Freuden, ich erinnere mich an meine Schmerzen und ich liebe und lebe mein Leben noch einmal, das allzu schnell an mir vorüber geflogen ist und akzeptiere kühle Fakten dass nichts bestehen kann. Wenn ihr eure Augen aufmacht Schwestern, so seht nicht nur eine mürrische alte Frau. Kommt näher – Seht mich!